Text und Bilder: Cornelia Freund
Die Idee, das Thema Barrierefreiheit in der Lehre im Studiengang Cartography aufzugreifen, kam Dr. Gabriele Aumann (Lehrstuhl für Geoinformatik im Department Aerospace and Geodesy der TUM School of Engineering and Design und Geschäftsführerin Runder Tisch Geoinformationssysteme GIS e.V.) und Juliane Cron (Studiengangkoordinatorin des Master-Studiengangs Cartography und Dozentin des Mapping Projects). Für die Lehrveranstaltung im Sinne wertebasierten Lernens und handlungsorientierter Kartenethik suchten sie den Kontakt zu Accessibility-Expert:innen der Stiftung Pfennigparade. Diese spiegelten typische Herausforderungen im Alltag wider. Bei persönlichen Treffen berichteten sie von den Hürden, mit denen sie täglich bei der Navigation und Nutzung von Kartenanwendungen konfrontiert sind.
Die Studierenden gestalteten daraufhin anwendbare barrierefreie Informationsangebote. "Die angehenden Kartographinnen und Kartographen kombinieren in dieser Gruppenarbeit ihre unterschiedlichen Hintergründe, Fähigkeiten und Fertigkeiten - international und interdisziplinär. Dabei geht es ganz generell um Problemlösungskompetenz, die Erweiterung von Fachwissen, um Mediennutzung und das Anwenden verschiedener Mapping-Technologien. Beim Thema Barrierefreiheit konzentrierten sich die Studentinnen und Studenten besonders auf das Einfühlen in Menschen mit Seh- oder Mobilitätseinschränkungen. Das war eine sehr inspirierende, sensibilisierende Kooperation, die uns alle zum Nachdenken anregte", erzählt Juliane Cron.
Lernspektrum: von Sozialkompetenz zu Web-Programmierung
Das Ergebnis der Lehrveranstaltung kann sich sehen lassen: Neun Teams entwickelten mit Hilfe digitaler Medien und Methoden der Datenvisualisierung Prototypen und kartografische Entwürfe. Die interaktive Vernissage zeigt die großartigen Projekte: vom Einsatz akustischer Signale beim Navigieren bis hin zu einer barrierefreien Open-Access-Karte von Münchner Stadtteilen im Internet.
Übereinstimmend finden die Studierenden des 12. Jahrgangs begeisterte Worte über das Projekt: Der kreative Prozess, die Welt mit anderen Sinnen zu sehen und zu präsentieren, war herausfordernd und bisweilen unkonventionell. Das Umsetzen der Ideen in die Praxis - neue Wege im Web erforschen, andere Sprachen und Bilder für einen inklusiven Zugang finden - war individuell spannend und sozial sinnvoll. Und das Spektrum des Gelernten war extrem groß: Methoden der Sozialforschung, Storytelling, Web-Programmierung, Kartophonie/Akustische Karten, Datenintegration, UI/UX Design, Geovisualisierung und nicht zuletzt soziale und kommunikative Schlüsselkompetenzen.
"Wir haben zwei sehr unterschiedliche, aber wichtige Dinge gelernt, sowohl im technischen als auch im menschlichen Bereich. Zum einen lernten wir, was man bei der Entwicklung einer interaktiven Karte und Website alles machen kann. Außerdem lernten wir etwas über die Bedürfnisse von behinderten Menschen und ihre Mobilitätsprobleme in Großstädten wie München", resümierten Ching-Ting Chia und Ander Palacios Fraile ihre Teamarbeit "1, 2, 3, 4 Für Alle".
Exzellenter Erasmus Mundus Joint Master Degree Cartography an der TUM
"Geodatenvisualisierung für eine nachhaltige Welt" - nach dem Leitprinzip zielt der Studiengang Cartography an der TUM School of Engineering and Design darauf ab, seine Teilnehmer:innen mit grundlegenden Kompetenzen der Datenwissenschaft auszustatten. Der Bedarf an guten Karten wächst - und gleichzeitig kann jede:r Karten erstellen. Lehrinhalte sind deshalb neben Theorien, Methoden und Technologien für ein ganzheitliches Verständnis der Disziplin auch kartenbasierte Weltanschauungen - und das Bewusstsein für ethische Fragen in der gesamten Wertschöpfungskette von Geodaten. Von der Erfassung über die Modellierung und Analyse bis hin zur Visualisierung von Daten: immer ist eine transparente und vertrauensvolle Kommunikation von kartographischem Wissen in interdisziplinären und interkulturellen Umgebungen gefragt.
Akademische Exzellenz und eine hohe Integration sind die Hauptziele des Studiengangs Cartography. Der Joint Degree, an dem sich vier Hochschulen aus drei Ländern beteiligen, wird von der Europäischen Kommission im Rahmen von Erasmus Mundus gefördert. Im ersten Semester werden an der Technischen Universität München (TUM) die Grundlagen der Kartographie und Geovisualisierung vermittelt. An der Technischen Universität Wien (TUW) folgen im zweiten Semester multimediale Kartografie, insbesondere Web-Mapping, mobiles Internet und ortsbasierte Dienste. Im dritten Semester werden die Studierenden an der Technischen Universität Dresden (TUD) in mobiler und 3D-Kartographie unterrichtet. Darüber hinaus werden im ersten und dritten Semester Online-Module der Universität Twente (UT) in das Curriculum integriert. Der Studiengang ist der einzige Erasmus Mundus Joint Master Degree, der von der TUM koordiniert wird.
Links:
https://cartographymaster.eu/tu-munchen/accessibleplaces/
https://cartographymaster.eu/mapping-project-2023-vernissage/