Jan Torgersen studierte im Diplom-Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen - Maschinenbau an der Technischen Universität Wien. Dort promovierte er 2013 über die hochauflösende generative Fertigung von Hydrogelen für biomedizinische Anwendungen zum Doktor der technischen Wissenschaften (Dr. techn.). Sein Interesse am Zwischenspiel zwischen der Nano- und der Mesoskala führte ihn 2014 an die Stanford Universität, wo er am Nanoscale Prototyping Laboratory an Materialien für die Energiekonvertierung und -speicherung arbeitete. 2016 folgte Torgersen dem Ruf an die Norwegian University of Science and Technology (NTNU) als außerordentlicher Universitätsprofessor. Dort wurde er auch 2020 zum ordentlichen Universitätsprofessor ernannt. Sein Forschungsschwerpunkt liegt in der Herstellung und Optimierung von Materialien zur Energieumwandlung und -speicherung.
Wie sind Sie zu dem geworden, der Sie sind?
Es gab mehrere wichtige Stationen und Entscheidungen in meinem Leben, die mich an die Technische Universität München (TUM) geführt haben. Diese Stationen haben viel mit meinen Kollegen und der Bereitschaft meiner Familie, mir zu folgen, zu tun.
Die Reise begann in Wien während meines Studiums. Damals hatte Florian Oberleiter, einer meiner Studienkollegen an der Technischen Universität Wien, mir empfohlen, bei Professor Jürgen Stampfl am Institut für Werkstoffwissenschaften meine Diplomarbeit zu schreiben. Hier entdeckte ich mein Interesse und meine Freude an den Materialwissenschaften. Die Arbeit an der Technischen Universität Wien hat mir so viel Freude und Spaß gemacht, dass ich gleich eine Dissertation angehängt habe, als diese mir angeboten wurde. Am Ende meiner Dissertation hatte ich dann die Möglichkeit, nach Stanford zu gehen. Dort traf ich einen weiteren wichtigen Kollegen, Professor Fritz Prinz.
Stanford spielt in meiner Karriere eine entscheidende Rolle. Dort durfte ich mich fachlich mit der Energiekonvertierung und -speicherung auseinandersetzen, von der ich vorher nur Grundlagenkenntnisse hatte. Zudem hat mir mein dortiges Netzwerk ermöglicht, meiner Karriere in einer Art und Weise nachzugehen, die in Europa so nicht denkbar gewesen wäre. Nach meiner PostDoc-Zeit habe ich dann einen Ruf auf eine Dauerstelle als außerordentlicher Universitätsprofessor auf der NTNU erhalten. Die Arbeit dort ermöglichte mir viele Freiheiten in der Forschung. Dort traf ich die nächste wichtige Person in meinem Leben, Professor Filippo Berto. Wir ergänzten uns fachlich und konnten zusammen einige spannende Projekte entwickeln. Diese führten mich schlussendlich an die TUM. Hier bahnen sich auch schon einige sehr spannende Kooperationen mit meinen hervorragenden hiesigen Kolleginnen und Kollegen an.
Hervorheben möchte ich zudem die Unterstützung meiner Frau Julia. Ohne ihre Bereitschaft wäre mein Karrierepfad nicht möglich gewesen. Sie ist mir 2014 in die USA gefolgt, 2016 nach Trondheim/Norwegen und jetzt, 2022, auch nach München, obwohl sie ursprünglich Wien nie verlassen wollte. Auch meine zwei Kinder Tobias und Finja haben die Reise von Norwegen nach München mir und meinem Job zuliebe auf sich genommen. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Was wird Ihr erstes Forschungsprojekt an der TUM?
Ich habe ein sehr spannendes ERC-Projekt an die TUM mitgenommen. Bei diesem Projekt beschäftigen wir uns mir der Untersuchung des Transports von Brennstoffen und Reaktionsprodukten innerhalb von der Elektroden von Brennstoffzellen, Elektrolyseuren und Flussbatterien. Der Brennstoff soll hier homogen über die Katalyseschicht verteilt werden und die Produkte effektiv von dieser Schicht abtransportiert werden. Das fundamental Neue an unserer Herangehensweise ist, dass wir die Elektroden geometrisch optimieren. Damit sollen gewisse Transporteigenschaften erreicht werden. Anschließend werden Geometrien direkt anhand des CAD-Modells in hochauflösendem 3D-Druckverfahren hergestellt und schließlich in einem Teststand charakterisiert. Wir haben hierzu einen Prozess entwickelt, der es uns erlaubt, aus strukturierten Photopolymeren Karbon- und Graphitstrukturen herzustellen, die geometrische Merkmale über mehrere Längenskalen vom Nanometer bis zum Zentimeter Bereich aufweisen können.
Das Projekt ist ein Grundlagenforschungsprojekt und beschränkt sich auf die Beschreibung der Transporteigenschaften mit neuartigen 3D-Architekturen. Jedoch soll es in Zukunft möglich sein, einige der herkömmlichen Komponenten der Elektroden zu optimieren. Dadurch sollen kleinere und leichtere Wandler hergestellt werden, die mehr Leistung (höhere Stromdichten) unter weniger Verlusten liefern. Ähnliche Prinzipien wollen wir auch für metallische Bauteile zur spezifischen Transportoptimierung von Elektrolyseur-Anoden anwenden.
Auf welche Veränderung hoffen Sie in der Zukunft?
Ich habe mich vor einiger Zeit entschieden, meine Forschung ganz dem Fortschritt von erneuerbaren Energien zu verschreiben. Ich möchte dazu beitragen, dass wir den fortschreitenden Klimawandel aufhalten. Meiner Meinung nach ist das nur (noch) technologisch zu erreichen. Wir müssen eine attraktive Alternative zur herkömmlichen fossilen Technologie bieten und eine vernünftige Grundlage für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft schaffen. Ich hoffe, dass in naher Zukunft noch mehr Fokus auf diese Themen gelegt wird, bevor es für uns alle zu spät ist.
Eine Wasserstoffökonomie, sowie sie schon seit vielen Jahren im Raum steht, finde ich persönlich eine sehr attraktive Alternative. Obwohl es auf der ganzen Welt positive Tendenzen in die Richtung der Implementierung von Wasserstofftechnologie gibt, hoffe ich, dass wir in diesem Bereich noch schneller vorankommen. Ich werde mein Möglichstes tun, meinen Beitrag aus Sicht der Materialwissenschaften zu leisten und verschreibe mich dieser Thematik mit meinem Wissen und den mir zur Verfügung gestellten Ressourcen. Dazu verpflichte ich mich nicht nur gegenüber der TUM, sondern auch gegenüber unserer Generation und vor allem der meiner Kinder.