Text: Susanne Höcht, Video: TUM Medienproduktion
Wie in der Automobil- und Landwirtschaft geht die Entwicklung auch in der Bauwirtschaft in Richtung Autonomie und Nachhaltigkeit. Assistenzsysteme und Softwareanwendungen wie Flottenmanagementsysteme erleichtern bereits heute die Bedienung von Baumaschinen. Der nächste Schritt sind (teil-)automatisierte oder gar autonome Baumaschinen oder Bauroboter. In Sachen Nachhaltigkeit sieht Adrian Huber noch Nachholbedarf. Er schätzt, dass erst ein bis zwei Prozent der Baumaschinen vollständig nachhaltig sind.
Unterschiedlichste Anwendungsszenarien und Umgebungen machen die Entwicklung komplex
Die Herausforderungen für Forschende und Entwickelnde von Baumaschinen sind jedoch erheblich komplexer als beispielsweise im Automobilbau. Auf Baustellen gibt es eine Vielzahl von Maschinen, darunter Rüttelplatten, Bagger oder Muldenkipper, die jeweils unterschiedliche Einsatzszenarien abdecken. Jede Baustelle ist einzigartig und die Umgebung verändert sich ständig durch die Witterung, den Baufortschritt, umherlaufende Personen, fahrende Maschinen, neue Materiallieferungen und sich ändernde Lagerplätze. Hinzu kommen extreme klimatische Bedingungen, die von bis zu 60 Grad in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder bis zu -40 Grad in Kanada reichen, sowie Herausforderungen mit Wüstenstaub, Monsunregen und extreme Höhenlagen.
Für den Einsatz autonomer Baumaschinen müssen zudem rechtliche und Sicherheitsaspekte geklärt werden. Der Ausbildungsstand der Bedienerinnen und Bediener variieren stark und es gibt Sprachbarrieren aufgrund der unterschiedlichen Herkunftsländer des Baupersonals.
Notwendige Forschungsarbeit für autonome Baumaschinen
Damit Baumaschinen autonom werden können, erfordert es zunächst die Entwicklung neuer Sensorsysteme, die speziell für die variablen Bedingungen auf Baustellen ausgelegt sind. Diese Sensoren müssen in der Lage sein, die sich ständig ändernden Umgebungen und Herausforderungen auf Baustellen zu bewältigen. Alexander Schock-Schmidtke betont, dass die Rahmenbedingungen für autonome Baumaschinen noch besser erforscht und definiert werden müssen. Es muss geklärt werden, welche Fähigkeiten die Maschinen für welche Anwendungen haben müssen, welche Daten durch die Sensoren erfasst werden können und wie diese Daten gespeichert werden. Zudem sind die rechtlichen Rahmenbedingungen und die erforderlichen Sicherheitsabstände von großer Bedeutung. „Am Ende zählt, was ich aus den Daten an Informationen für die Baustelle, aber auch für die Baumaschine herausholen kann? Auf dieser Basis kann ich dann im nächsten Schritt über weitere Automatisierungsschritte nachdenken, “ erklärt Schock-Schmidtke.
Alternative Antriebskonzepte bestehen aus einem Mix von Wasserstoff, Brennstoffzelle, Strom oder synthetischen Kraftstoffen
Neben der Automatisierung spielt in der Baumaschinenentwicklung vor allem die Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle. Der Lehrstuhl fml hat in einer ersten Recherche herausgefunden, dass von 27 Baumaschinenherstellern weltweit alle batterieelektrischen Antriebe anbieten, fünf Hersteller Brennstoffzellen verwenden und vier Hersteller Wasserstoff in Kombination mit Verbrennungsmotoren nutzen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom fml gehen davon aus, dass die Antriebsart der Zukunft ein Mix aus diesen Konzepten sein wird.
Die Herausforderungen der unterschiedlichen Konzepte und Einsatzszenarien sind vielfältig. Wasserstoff hat beispielsweise eine geringere Energiedichte als Diesel, was häufigeres Betanken erfordert und die Logistik komplizierter macht. „Die Betankung ist auch nicht ganz so trivial“, erklärt Adrian Huber. Brennstoffzellen befinden sich noch in einem experimentellen Stadium und haben viele Schwachstellen, insbesondere bei den dynamischen Lasten und den extremen Bedingungen auf Baustellen. Batterieelektrische Antriebe sind effizient und kostengünstig, aber die Infrastruktur für das Laden der Batterien ist in vielen Regionen noch unzureichend und gerade für Baustellen nicht erforscht.
Voraussetzungen für den Praxiseinsatz auf der Baustelle
Damit autonome Baumaschinen oder solche mit alternativen Antriebskonzepten in der Praxis eingesetzt werden können, müssen auf der Baustelle entsprechende infrastrukturelle Voraussetzungen hinsichtlich des Energiebedarfs erfüllt sein. Es muss sichergestellt werden, dass ausreichend Strom zur Verfügung steht. Auch die Versorgung mit Wasserstoff oder synthetischen Kraftstoffen ist derzeit noch sehr gering und zudem sehr teuer.
Die hohen Anschaffungskosten für solche Baumaschinen stellen eine weitere Hürde dar, sodass bisher nur wenige Maschinen in der Praxis im Einsatz sind. Alexander Schock-Schmidtke ist der Meinung, dass Mietmodelle eine Lösung darstellen könnten, um diese hohen Kosten zu umgehen und die Flexibilität sowie Zugänglichkeit der Maschinen zu verbessern.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Nutzerfreundlichkeit der Maschinen. Adrian Huber betont, dass autonome Baumaschinen intuitiv bedienbar sein müssen, um die Akzeptanz auf der Baustelle zu steigern und letztlich vor allem die Effizienz und Produktivität zu maximieren. Zudem ist es notwendig, das Kompetenzspektrum des Baustellenpersonals zu erweitern. Die Gerätebedienerinnen und -bediener müssen in der Lage sein, mehrere Maschinen gleichzeitig zu bedienen und zu überwachen, um den höheren Grad an Autonomie auszunutzen.
Aktuelle Forschung zu Baumaschinen und Baulogistik am Lehrstuhl fml auf der bauma 2025
Anne Fischer erläutert, dass der Lehrstuhl derzeit intensiv an der Automatisierung, an Assistenzsystemen und am Energiemanagement für alternative Antriebsformen für Baumaschinen forscht. Darüber hinaus beschäftigen sich die Forschenden mit Datenstandards für Baumaschinen, der Erkennung von Bauobjekten auf der Baustelle und der Entwicklung digitaler Zwillinge von Baustellen. Mit diesen Proof of Concepts und Prototypen werden potenzielle Innovationsmöglichkeiten für die Bauwirtschaft aufgezeigt.
Entsprechend präsentiert der Lehrstuhl auf der bauma 2025 einen autonomen Dumper. Dieses kompakte Baugerät kann automatisiert Schüttgut auf der Baustelle von A nach B transportieren und sich zudem selbstständig be- und entladen. Er wurde bereits vom Verband der Baubranche, Umwelt- und Maschinentechnik e.V. (VDBUM) mit dem Innovationspreis 2025 prämiert. Als weiteres Anschauungsobjekt wird ein Pflasterroboter vorgestellt, der in der Lage ist, Pflastersteine einzeln oder in kompletten Lagen zuzuschneiden und zu verlegen.
Im Rahmen der Vortragsreihe im Science Hub wird auf die mögliche Nutzung von Baumaschinendaten eingegangen. Damit diese endlich in der Baupraxis genutzt werden können, ist vor allem ein fairer und neutraler Datenaustausch möglich, so Anne Fischer. Am Lehrstuhl fml wird daher in enger Zusammenarbeit mit Bauunternehmen, Baumaschinenherstellern und Drittanbietern sowie Verbänden gemeinsam versucht, ein solches Datentreuhandmodell nach dem Vorbild der Landwirtschaft nachhaltig in der Branche zu etablieren. Mehr dazu am Donnerstag, 11. April 2025 zwischen 12:30 Uhr und 13:00 Uhr im Science Hub.
Der Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik ist als Aussteller auf der
bauma
von 7. bis zum 11. April 2025 im
Science Hub in Halle B0
zu finden. Der
Vortrag über "University contributions on the topic of "connected machines
" mit Anne Fischer und Alexander Schock-Schmidtke findet am Donnerstag, 11. April 2025 zwischen 12:30 Uhr und 13:00 Uhr ebenfalls in Science Hub in Halle B0 statt.
Links und Kontakt:
Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik
Alexander Schock-Schmidtke, M.Sc.